BODEN-SPEZIALBESCHICHTUNGEN Immer öfter wird von Bodenbeschichtungen gefordert, dass sie gegenüber elektrostatischen Aufladungen unempfindlich sind und entstehende Ströme sicher und ohne negative Auswirkungen in den Untergrund ableiten.

Ein typischer Fall: Der Computer reagiert auf eine hohe Stromspannung empfindlich und die elektronischen Komponenten werden dadurch zerstört. Oder, wenn die Atmosphäre in Räumen durch z. B. verdunstende Lösemittel oder durch andere brennbare Stoffe angereichert ist, besteht innerhalb der jeweiligen Zündgrenzen (dem Anteil der brennbaren Gase in der Luft) die große Gefahr von Verpuffungen und Bränden bei auftretender Funkenbildung.

Auch wir Menschen kennen die Problematik: Wir gehen über einen Teppichboden und spüren dabei keine Auffälligkeiten. Sobald wir aber danach eine für Strom leitfähige Oberfläche berühren – z. B. einen Türgriff oder eine Fahrzeugkarosserie – bekommen wir einen kleinen Stromschlag. Manchmal springt der Funke schon bei geringem Abstand deutlich sichtbar über. Das Phänomen nennt sich statische Elektrizität und wir als Maler können in einigen Fällen diese elektrostatischen Entladungen (electrostatical discharge = ESD) mit ihren manchmal auch teuren oder gefährlichen Auswirkung auf Technik und Mensch reduzieren bzw. vollständig vermeiden.

Was ist ESD?

Statische Elektrizität ist eine elektrische Ladung in Ruhestellung. Sie entsteht meist durch Reibung und anschließende Trennung. Das funktioniert so: Reibung verursacht Wärme, welche die Moleküle eines Materials in Bewegung versetzt. Werden zwei Materialien dann getrennt, kann ein Elektronenübergang von einem zum anderen Material stattfinden. Wandern Elektronen, bildet der Unter-oder Überschuss an Elektronen ein elektrisches Feld, die statische Elektrizität. Schon die einfache Trennung zweier Materialien, beispielsweise das Abziehen eines Klebebands von einer Rolle kann diesen Austausch von Elektronen bewirken und somit elektrostatische Felder erzeugen. Die Menge an statischer Elektrizität hängt von den Materialien ab, die der Reibung und Trennung unterworfen sind, der Intensität der Reibung und Trennung sowie der relativen Luftfeuchtigkeit. Gewöhnliche Kunststoffe erzeugen im Allgemeinen die größte statische Ladung. Niedrige Luftfeuchtigkeit – die vor allem Winter vorliegt – fördert ebenfalls das Entstehen enormer elektrostatischer Ladungen. Einige Beispiele: Beim Gehen über einen Teppich entstehen 1.500 bis 35.000 Volt, beim Gehen über einen unbehandelten Vinyl-Boden entwickeln sich 250 bis 12.000 Volt und 700 bis 6.000 Volt entstehen bei der Arbeit an einer Werkbank.

Leitebene als Bindeglied

Im Fall von Bodenbeschichtungen ist z. B. die Untergrundsituation zu berücksichtigen. So lassen die ableitfähigen Eigenschaften von Beton im Laufe der Zeit infolge von Austrocknungsvorgängen nach. Da eine Grundierung darüber hinaus als Isolationsschicht wirkt, ist die Applikation einer so genannten Leitebene bzw. Leitschicht erforderlich. Durch diese Zwischenschicht können auftretende elektrostatischen Ladungen kontrolliert über eine leitfähige Ebene mit konstant bleibendem Widerstand zur Erde abfließen. Die Leitschicht besteht in der Regel aus einer rußgefüllten, wässrigen Epoxidharzdispersion mit hoher Leitfähigkeit. Die Verbindung zwischen Leitebene und der Erdung wird entweder durch selbstklebende verzinnte Kupferbänder oder durch sogenannte Leitsets hergestellt. Bei der Verwendung von Leitbändern verklebt man diese in der Regel in weniger stark belasteten Bereichen auf die Grundierung oder eine eventuell vorhandene Egalisationsspachtelung. Diese werden im Randbereich an den Wandflächen mindestens 30 cm hochgezogen und dort an die Erdungsmaßnahme angeschlossen.

Es gilt die Faustformel, dass pro 100m² Bodenfläche ein Anschluss an die Erdung vorgenommen wird. Die leitfähigen Eigenschaften der Deckschicht werden in den meisten Fällen mittels Zugabe von Kohlstofffasern erzielt. Als Deckschicht steht eine Vielzahl unterschiedlicher Beschichtungssysteme für unterschiedlichste Aufgabenstellungen zur Verfügung. Elektrostatisch ableitfähige Beschichtungen können zur Erhöhung der Rutschhemmung zusätzlich abgestreut werden. Dafür stehen spezielle Siliciumcarbide mit leitfähigen Eigenschaften zur Verfügung. Feuergetrocknete Quarzsande sind für diesen Verwendungszweck ausdrücklich ungeeignet.

Als Ausführender auf der sicheren Seite sein

Das Regelwerk für die Ausführung von ableitfähigen Bodenbeschichtungen ist kompliziert und als Malermeister bzw. Bodenbeschichter sollte man es tunlichst vermeiden, in eine Doppelrolle als Planer und Ausführender zu schlüpfen. Denn diese Vorgehensweise könnte bei der Planung und Ausführung von leitfähigen Bodenkonstruktionen im Schadensfall teure und sogar existenzgefährdende Folgen haben. Die Planung einer solchen Maßnahme sollte immer von einem Fachplaner durchgeführt werden. Er muss die Anforderungen an die jeweils erforderlichen Leitfähigkeiten der einzelnen Stoffe bzw. Produkte kennen und die aktuellen Normen und Regelwerke beachten. Der Ausführende selbst sollte peinlich genau die Vorgaben aus der Planung umsetzen.

Die geforderten Leitfähigkeitswerte aus der Planung werden in der Regel am ausgeführten Objekt überprüft. Das gilt besonders für z. B. Operationssäle, Lagerräume für Explosivstoffe oder Produktionsstätten für elektrische Bauteile und Mikrochips. Fehlen elektrische Eigenschaften, die für dieNutzung der Produktionsstätten und Räumlichkeiten zwingend erforderlich sind, sind diese vor der Beseitigung der Mängel nicht benutzbar! Die Hersteller von Bodenbeschichtungsstoffen haben mit Hilfe ihrer Fachleute die Möglichkeit, den Ausführenden objektbezogen zu unterstützen. Empfehlung: Nutzen Sie diesen Service.