Die Gefahrstoffverordnung sagt deutlich, was unter »lagern« zu verstehen ist: »Lagern ist das Aufbewahren zur späteren Verwendung sowie zur Abgabe an andere. Es schließt die Bereitstellung zur Beförderung mit ein, wenn diese nicht binnen 24 Stunden nach ihrem Beginn oder am darauffolgenden Werktag erfolgt. Ist dieser Werktag ein Sonnabend, endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.«

Auch beim Lagern geht es um Gefährdungen

Gefahrstoffe lagern
Ordnung ist das halbe Leben: Höchst gefährlich kann es werden, wenn es im Lager so aussieht

Gefahrstoffe sind gesundheitsgefährdende Stoffe. Sie heißen so, weil sie die Gesundheit schädigen können, einmal auf Grund ihrer Eigenschaften, zum anderen auf Grund des Applikationsverfahrens. Gefahrensymbole weisen auf die Art der Gefährdung hin.

Bei Gefahrstoffen hat man es mit Gasen, festen und flüssigen Werkstoffen, brennbaren und nicht brennbaren Stoffen, Säuren und Laugen, wasserlöslichen und wasserunlöslichen Materialien zu tun. Das kann bei der Lagerung zum Problem werden. Beispielsweise wenn bestimmte Stoffe miteinander in Berührung kommen:

  • Säure und Lauge reagieren heftig unter Hitzeentwicklung, ebenso ungelöschter Kalk mit Wasser
  • Verdünner kann durch eine Zigarettenkippe entzündet werden, Kannen mit Verdünnerresten können explodieren.
  • Chemikalien können über den Boden ins Abwasser gelangen.
  • Bei einem Brand qualmt es erst mal ganz schön – und jeder, der davon schon einmal einen tiefen Lungenzug genommen hat, weiß, was unter Rauchvergiftung zu verstehen ist.

Welche Vorschriften gelten?

Für die Lagerung von Gefahrstoffen, Wasser gefährdenden Stoffen, Gasen und brennbaren Flüssigkeiten gelten folgende Verordnungen und Regeln aus den entsprechenden Rechtsgebieten. Die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und die Technische Regeln (TR) gelten immer:

  • Bei der Lagerung wassergefährdender Stoffe gilt das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV).
  • Bei der Lagerung von Gasen sind die Technischen Regeln Gase (TRG) zu beachten. Propangasflaschen zum Beispiel lagert man am besten in Gitterboxen an der frischen Luft – oder man muss speziell gelüftete und geschützte Lager einrichten.
  • Für brennbare Flüssigkeiten galt die Verordnung zur Lagerung brennbarer Flüssigkeiten (VbF), die ab 1.1.2003 durch die Betriebssicherheitverordnung (BetrSichV) und den dazugehörigen Technischen Regeln (TRbF und insbes. die TRGS 510) abgelöst worden ist. Davon handelt das nächste Kapitel.

A propos brennbare Flüssigkeiten: Feuerlöscher mit Löschmittel für die richtige Brandklasse (z.B. ABC-Pulverlöscher, siehe BG-Baustein A5) und in der richtigen Anzahl (siehe Arbeitsstättenregel ASR 2.2 „Maßnahmen gegen Brände“ von 11/2012) gehören in und vor jedes Lager.

  • Die TRGS 514 (Lagerung giftiger Stoffe) und TRGS 515 (Lagerung von brandfördernden Stoffen) gelten nicht mehr, seit es seit 2013 die TRGS 510 „Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern“ gibt.

Wassergefährdung vermeiden!

Grundsätzlich muss im Lager einer Wassergefährdung vorgebeugt werden. Und zwar um so intensiver, je mehr von dem Gefahrstoff gelagert wird und um so höher seine Wassergefährdungsklasse (WGK) ist. Diese ist dem Gebindeetikett bzw. dem Sicherheitsdatenblatt zu entnehmen. Schutz bietet ein flüssigkeitsundurchlässiger und gegen das Lagergut beständiger Boden (z.B. Beton mit beständiger Beschichtung) und/oder eine Auffangwanne. Das ist notwendig, weil z.B. das Lösemittel eines methylenchloridhaltigen Abbeizmittels innerhalb kürzester Zeit durch dicksten Beton sickert und das Grundwasser verunreinigt.

Ordentlich und sauber

Ordnung und Sauberkeit helfen, Gefährdungen zu vermeiden. Man erkennt sofort Leckagen, die man gezielt beseitigen kann. Ein aufgeräumtes, gut strukturiertes Lager erleichtert auch das Suchen und Finden benötigter Materialien. Ist alles nach Sachgruppen geordnet – z.B. Fassadenfarben, Innenfarben, Lacke, Grundierungen usw. –, findet man schneller das, was man braucht. »Unbefugten ist der Zutritt verboten!« – Dieser Hinweis gilt für alle Orte, an denen Gefahrstoffe gelagert werden, natürlich auch auf Baustellen: Dort gehören die Gefahrstoffe z.B. in einen abschließbaren Materialcontainer.

Noch ein Tipp: Entrümpeln Sie alles, was sich in (höchstens) 1 Jahr nicht „bewegt“ hat. Sie brauchen es danach doch nicht und haben nur das Problem (Sonder-) Müll zu entsorgen.

Nur nichts anbrennen lassen!

Die VbF wurde zum 31.12.2002 außer Kraft gesetzt und ab dem 1.1.2003 durch Regelungen der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) ersetzt. Die TRbF (das Regelwerk zur VbF) wurde zwar gestrafft, gilt aber in wesentlichen Teilen noch weiter. Dies war teilweise verwirrend, da die alten Bezeichnungen AI, AII, AIII und B dort noch weiter verwendet wurden.

AI wird in Gefahrstoffverordnung und Betriebssicherheitsverordnung ersetzt durch hoch- und leichtentzündlich, AII ist entzündlich, AIII (Flammpunkt > 55 – 100 °C) gibt es nicht mehr. Auch B (Flammpunkt < 21 °C und wasserlöslich“ gibt es nicht mehr: hier gilt ebenfalls hoch- und leichtentzündlich.

Beim Übergang von der VbF zur BetrSichV ist die so genannte Viskositätsregel auf der Strecke geblieben. Früher fielen lösemittelhaltige Lacke aufgrund der hohen Viskosität nicht unter den Regelbereich der VbF. Auf dem Etikett und im Sicherheitsdatenblatt wurde das vermerkt als „entzündlich – VbF entfällt“. Damit mussten diese Lacke nicht wie brennbare Flüssigkeiten gelagert werden. Durch die CLP-Verordnung gibt es neue Begrifflichkeiten:

  • extrem entzündbar, mit dem Signalwort „Gefahr“
  • leicht entzündbar, mit dem Signalwort „Achtung“
  • entzündbar, mit dem Signalwort „Achtung“

 Für die Lagerung brennbarer Flüssigkeiten gelten nicht mehr die alten Mengengrenzen (a) < 450 Liter = anzeige- und erlaubnisfrei, (b) > 450 – 1000 Liter = anzeigepflichtig, (c) > 1000 Liter = erlaubnispflichtig. Gem. BetrSichV sind erst Lagermengen > 10.000 Liter erlaubnispflichtig. Das heißt aber nicht, dass darunter keine Schutzmaßnahmen zu treffen sind.

Lagervorschrift: TRGS 510 – aktuelle Ausgabe: 16.02.2021

Zwischenzeitlich gilt seit 2010 die TRGS 510 » Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern«, sie löst in wesentlichen Teilen die TRbF 20 ab, regelt aber mehr als nur die Lagerung von „entzündbaren“ Flüssigkeiten (wie sie jetzt heißen). Eine entzündbare Flüssigkeit ist alles, was flüssig ist und einen Flammpunkt < 55 °C hat – ohne Ausnahme der Viskosität. Deshalb auch hier: Lösemittelhaltige Lacke haben in einem „normalen“ Lager nichts mehr zu suchen, sondern müssen eine Reihe von Lageranforderung erfüllen (Lüftung, Ex-Schutz usw.).

Die Lageranforderungen sind in den Anlagen 3, 6, 7 geregelt; welche gelten ist mengenabhängig, aber unter dem Strich sind es die bekannten Maßnahmen aus dem alten „VbF-Katalog“, z.B.

  • Bausubstanz: nicht brennbar (oder F30 – F90 je nach Menge und Lagerort)
  • Beleuchtung und elektrische Installation entweder gemäß DIN 57165/VDE 0165 Anhang A (Schutzart IP 54), wenn nur passiv, also ohne Abfüllvorgänge gelagert wird – bzw. ex-geschützt, wenn aktiv mit Abfüllvorgängen gelagert wird
  • Luftwechsel bei aktiver Lagerung 5-fach (mechanische Lüftung), bei passiver Lagerung 2-fach (natürliche Lüftung mit ausreichend großen Lüftungsöffnungen)
  • Keine Bodenabläufe, keine Schornsteine
  • Undurchlässiger Boden, am besten mit beständiger und ableitfähiger Beschichtung versehen
  • Auffangraum mit 10 % des Lagervolumens Inhalt, mindestens aber so viel wie der Inhalt des größten Gebindes (es zählt immer die Nennfüllmenge, nicht der tatsächliche momentane Füllgrad)
  • In Wasserschutzgebieten müssen 100 % aufgefangen werden können.
  • Zutrittsverbot für Unbefugte
  • Rauchverbot, Verbot von Feuer und offenem Licht
  • Türen müssen in Fluchtrichtung öffnen und selbsttätig schließen
  • Betriebsanweisung aushängen
  • Rettungsweg ausschildern
  • Feuerlöscheinrichtungen gemäß ASR 2.2 »Maßnahmen gegen Brände« bereit stellen.
  • Gebinde müssen fest verschlossen sein
  • Nur Sicherheitsgefäße mit schließbarem Deckel verwenden, offene Gefäße z.B. vom Pinsel auswaschen dürfen auch in einem Lager für brennbare Flüssikeiten nicht gelagert werden
  • Nur zulässige Gebinde verwenden: verbrauchte Lösemittel gehören nicht in Plastikgefäße sondern in alte, entsprechend beschriftete Originalgebinde
  • Arbeiten im Lagerraum für entzündbare Flüssigkeiten nur mit besonderer Erlaubnis
  • Beim Abfüllen in zulässige Gebinde für Erdung sorgen

Für die Lagerung entzündbarer Flüssigkeiten in Verkaufsräumen gibt es keine Regelung mehr in den aktuellen TRGS 510!
Was muss sonst noch beachtet werden? Brennbare Flüssigkeiten dürfen niemals – auch nur kurzfristig – abgestellt oder gelagert werden in Durchfahrten, Durchgängen, Treppenräumen, allgemein zugänglichen Fluren und Dachräumen. Auch Arbeitsräume sind tabu! Dazu zählen z.B. auch die Vorbereitungsräume zum Spritzlackieren. Also: Ein separater Lagerraum oder ein Sicherheitsschrank (F 90) muss her.

Es scheint viel Aufwand zu sein, wenn ein Lager für entzündbare Flüssigkeiten eingerichtet wird. Aber bedenken Sie: Einmal richtig gemacht reicht’s fürs ganze Leben. Einmal abgebrannt kann das ganze Geschäft ruiniert sein.
Die TRGS 510 beinhaltet das „Konzept für die Zusammenlagerung von Chemikalien“ des VCI (Verband der chemischen Industrie), das seit 1998 (!) nicht aktualisiert wurde. Anlage 4 beschreibt die Lagerklassen, Anlage 5 gibt an, wie diese festgelegt werden. In Abschnitt 7 gibt es eine Zusammenlagerungs-Tabelle, die strikt eingehalten werden muss. Von Malern nicht? Oh, doch! Was meinen Sie wohl, was passiert, wenn Peroxid-Härterpulver auf Lösemittel trifft? Probieren Sie es besser nicht aus!

Zur Prüfung „befähigte Personen“ für hochgelegene Arbeitsplätze

Absturz ist nach wie vor die Unfallursache Nr. 1! Ob es nun die Leiter ist, das schlampig aufgebaute Gerüst, die nicht fachgerechte aufgestellte Hubarbeitsbühne oder nicht verschlossene Öffnungen in Geschossdecken oder für Bodentanks – man kann tief fallen.

Leider glauben immer noch „Fachleute“, sie könnten ohne Bedenken und ohne eigene Prüfung ein Gerüst benutzen, wenn es ein Gerüstbauer aufgebaut hat. Irrtum!
Hier die Abläufe in Kürze:

  1. Eine ordentliche Bestellung. Nicht kumpelhaft am Telefon: „Karle, bau mir mal was auf – ich muss übermorgen an der Fassade arbeiten“ – sondern: Genaue Spezifikation, Aufbau nach Aufbau- und Verwendungsanleitung des Herstellers unter Einhaltung der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)und der TRBS 2121 Teil 1, Angabe von Besonderheiten (z.B. Einrüsten von Balkonen).
  2. Fordern und bestellen Sie die „Regelausführung“.
  3. Gerüstprüfung durch eine „befähigte Person“ des Gerüstbauers mit schriftlichen Prüfprotokoll. Gehen Sie gar nicht erst ans Gerüst, bevor Sie das nicht in den Händen halten!
  4. Dieses Prüfprotokoll des Gerüsterstellers ist für den Verwender „keine Freigabe“, sondern lediglich eine „Fertigmeldung“.
  5. Der Benutzer = jeder Erstbenutzer hat das Gerüst durch eine „befähigte Person“ vor der Benutzung, nach längeren Arbeitspausen und nach außergewöhnlichen Arbeiten gem. Prüfschema in der TRBS 2121-1 zu prüfen. Also auch der Fensterbauer, der nach dem Maler das Gerüst benutzt.
  6. Und zwar nicht nach dem Motto „hoppla-hopp“ oder „wird schon gehen“, sondern professionell.
  7. Und dazu braucht man natürlich „befähigte Personen“ = das sind Personen, die durch intensive Schulung „fähig gemacht worden sind“ – also keine „Alibi-Prüfer“, die irgendwo ein paar Kreuzchen machen, und sich dann wundern, wenn Ihre Mitarbeiter „herunterknallen“.
  8. Die Aufzeichnungen über die Gerüstprüfung (Prüfprotokoll) sind am Einsatz- ort mindestens bis zur nächsten Prüfung aufzubewahren.

Sie glauben das nicht? Dann lesen Sie doch bitte mal

  • die BetrSichV, § 14
  • den Anhang 1 Nr. 3 der BetrSichV
  • die Ordnungswidrigkeiten-Tatbestände in § 22
  • und machen Sie sich klar, dass Sie eine Straftat begehen, wenn durch Ihre Unterlassung ein Mitarbeiter verletzt wird (§ 23 Abs. 1).

Das ist seit 2002 so – denn seitdem gilt für den Gerüstbau staatliches Recht, nämlich die BetrSichV.
Und wenn Sie nicht wissen, was eine „Befähigte Person“ ist, dann lesen Sie bitte auch och die TRBS 1203.

  • Oder lassen Sie sich professionell schulen, z.B. durch den Autor (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.).