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30. Juni 2020
Redaktion
Interview

Interview: „Wir sehen noch Herausforderungen.“

Im vergangenen Jahr überraschte Brillux auf der Messe „Farbe“ die Branche: Der Hersteller widmete seinen gesamten Auftritt dem wichtigen Thema Berufsnachwuchs, für das er vor fünf Jahren die Nachwuchsinitiative „Deine Zukunft ist bunt“ gegründet hat.
Interview
Foto: Brillux
Lukas Schulze Brock, Leiter Brillux Akademie, sagt: »Wir können letztlich nur Wegbereiter und Förderer sein. Den entscheidenden Schritt muss der Ausbildungsbetrieb gehen.«

Nach der Messe wurde das Engagement intensiviert, viele Maßnahmen und Formate entwickelt, viele Aktionen haben stattgefunden. Im Gespräch mit der Redaktion zieht Lukas Schulze Brock, der Leiter der Brillux Akademie, eine Zwischenbilanz.

Mappe: Nach dem großen Aufschlag auf der Messe „Farbe“ – was ist seitdem geschehen?

Lukas Schulze-Brock: Die Messe bot die perfekte Gelegenheit, um dem Zukunftsthema Nachwuchsgewinnung und -förderung eine Bühne zu geben und die Dimension unserer langfristig angelegten Offensive deutlich zu machen. Dies war aber nur ein Auftakt. Wir sind seit über einem Jahr intensiv für die individuelle Vorstellung unserer Angebote und Förderungsformate unterwegs und konnten immer mehr Betriebe, Innungen und Schulen begeistern. Das machen auch die Zahlen deutlich: Die Anzahl der Betriebe, die sich unserer Initiative „Deine Zukunft ist bunt“ angeschlossen haben, ist auf nunmehr über 7.500 gestiegen. Zudem haben sich seit der Messe über 5.000 ausbildende Maler- und Stuckateurbetriebe zu einer Ausbildungspartnerschaft mit Brillux entschlossen. Bis Ende 2019 konnten wir darüber hinaus im Rahmen der Ausbildungspartnerschaft über 2.500 Azubis in unseren „Fit für den Job“-Seminaren sowie den Azubi-TechnikTagen und -KompaktKursen schulen.
Für 2020 hatten wir mit über 4.000 Azubis geplant – Corona macht uns hier leider einen Strich durch die Rechnung. Allerdings hat die aktuelle Situation zu einem deutlichen Schub unserer digitalen Brillux Lernwelt geführt: Über 1.500 Azubis lernen heute bereits aktiv mit unseren simpleclub-Videos. Die Kooperation mit simpleclub haben wir zwischenzeitlich intensiviert, sodass wir aktuell weitere 100 Lernvideos, Zusammenfassungen und Übungsaufgaben produzieren. Außerdem ist unser Projekt „Betrieb trifft Schule“ angelaufen. Alleine aus den ersten 25 Schulprojekten sind 13 Ausbildungs- beziehungsweise Praktikumsverhältnisse entstanden – wir sind gespannt, ob wir diese Erfolgsquote auch für die weiteren Projekte halten können.

Mappe: Woran besteht besonderes Interesse a) bei den Betrieben, b) bei den jugendlichen Interessenten?

Lukas Schulze Brock: Bei den Betrieben ist ganz klar das Interesse am Projekt „Betrieb trifft Schule“ hervorzuheben. Denn es gibt kaum ein besseres Instrument in der Nachwuchsgewinnung, als einen Tag lang die eigene Zielgruppe hautnah kennenzulernen und für den Maler- oder Stuckateurberuf begeistern zu können.
Unser Showtruck ist ein weiteres Highlight. Die Innungen wissen zu schätzen, welche Möglichkeiten sich im Truck bieten, die Berufe Maler und Lackierer beziehungsweise Stuckateur für Jugendliche greifbar zu machen und die Vielfältigkeit der Gewerke zeigen zu können. Auf Betriebsseite wird es als Chance gesehen, sich als Ausbildungsbetrieb gegenüber anderen positiv hervorzuheben – mit der Brillux Ausbildungspartnerschaft, die mit dem Element der Azubi-TechnikTage wiederum für den Betrieb die Möglichkeit bietet, Azubis in wichtigen technischen Disziplinen zu trainieren. Das ist ein Aufwand, den Betrieb und Schule nur selten in dem Maße zu leisten imstande sind. Die Jugendlichen sind sicherlich am stärksten auf die simpleclub-App fokussiert – sie haben die App vielfach schon in der Schule schätzen gelernt.

Mappe: Train the trainer – wie hat sich dieses neue Schulungskonzept entwickelt?

Lukas Schulze Brock: Dahinter steht der Gedanke, das Thema Ausbildung nicht nur auf Azubi-, sondern mittels Qualifizierungsoffensive auch auf Ausbilderebene anzugehen. Hier sind wir mit einem modularen System aus vier jeweils zweitägigen praxisnahen Seminarmodulen gestartet. Jeder unserer Profitrainer und Ausbildungsexperten hat seinen ganz eigenen Schwerpunkt im Seminar. Eine Erkenntnis ist mit Sicherheit, dass die Ausbilder neben dem Trainerinput insbesondere den Erfahrungsaustausch untereinander sehr schätzen. Außerdem ist es für sie sehr wichtig, konkrete Instrumente zur Ausgestaltung der Ausbilderrolle vermittelt zu bekommen.

Mappe: An welchem Punkt erreicht das Konzept die Jugendlichen besonders gut?

Lukas Schulze Brock: Die simpleclub-Lernvideos erreichen die jungen Menschen einfach unglaublich gut. Durch die hohe Affinität der Jugendlichen zu digitalen Formaten können wir hier mit unserem Konzept starken Zulauf gewinnen. Aber auch da, wo wir die Berufe erlebbar und spürbar machen können – etwa im Showtruck, in unseren Berufeclips oder auf Kanälen wie Instagram – sprechen wir die jungen Leute an und holen sie ab.
Für die Azubis, die es im Auswahlprozess zum Azubi-TalentForum geschafft haben, greift das Konzept nochmal auf einer ganz neuen Ebene. Die Highlight-Woche mit anspruchsvollen Weiterbildungsformaten, Einblicken in ein Farben produzierendes Industrieunternehmen sowie mit reichlich Kultur- und Freizeitprogramm trägt zur nachhaltigen Identifikation dieser jungen Leistungsträger mit ihrem Beruf sowie ihrem Betrieb bei, der wiederum die Teilnahme erst möglich gemacht hat.

Mappe: Wo stößt das Konzept an Grenzen, wo scheitert es an der Realität?

Lukas Schulze-Brock: Ganz eindeutig innerhalb der Schullaufbahn, denn das Einwirken auf die Berufsorientierung der Schüler ist extrem schwer – auch weil es dem Handwerk an Reputation bei den indirekten Zielgruppen wie Lehrer und Eltern fehlt. Doch auch im Betrieb lauern noch Hürden. Denn ist der Betrieb Ausbildungspartner und kennt das Konzept, heißt das noch nicht, dass er auch aktiv wird. Das bedeutet also, ihm ständig Impulse zu geben und ihn zu aktivieren, damit er aus der Vielfalt der Möglichkeiten die für seinen Betrieb nutzbringenden Angebote umsetzt. Und letzten Endes sehen wir auch auf unserer Seite Grenzen, wenn es nämlich um den oftmals sehr intensiven Ressourceneinsatz geht wie beispielsweise bei den Azubi-TechnikTagen. Wir können letztlich nur Wegbereiter und Förderer sein. Den entscheidenden Schritt muss der Ausbildungsbetrieb gehen.

Mappe: Wie hilft das Konzept von Brillux konkret, die hohe Zahl von Abbrüchen der Malerlehre zu vermindern?

Lukas Schulze Brock: Diesem Ziel kann nur mit dem Grundgedanken näher gerückt werden, dass Ausbildung immer aus allen Perspektiven zu betrachten ist. Auf der Betriebsseite bedeutet das, unser Konzept dort so zu verinnerlichen, dass die Betriebe wieder zu Überzeugungstätern in der Ausbildung werden. Wenn das gelingt, spiegelt sich das zwangsläufig in der Ausbildungsqualität und in einer Reduzierung der Abbruchquoten wider.
Auf Azubiseite heißt es beispielsweise, konkrete Lernhilfen zur Prüfungsvorbereitung, wie mit unserem Fit-für-den-Job-Seminar »Lernen lernen« oder mithilfe der simpleclub-Lernvideos, verfügbar zu machen. Aber auch die Qualifizierung der Ausbilderrolle auf Gesellenebene ist unserer Einschätzung nach ein wichtiger Faktor, der sich positiv auf Abbruchquoten auswirken wird.

Mappe: In welchen Bereichen sehen sie noch weiteren Bedarf an Bildungsunterstützung?

Lukas Schulze Brock: Im Fokus unseres Nachwuchsengagements ist und bleibt der ausbildende Betrieb, mit der Fragestellung: Wie können wir ihn im Sinn von »..mehr als Farbe« in diesen so wichtigen Bereichen der Nachwuchsgewinnung und -förderung sowie Fachkräfteentwicklung dauerhaft unterstützen. Wir sehen aber auch auf Seiten der Berufsschule noch strukturelle Herausforderungen, die es anzupacken gilt.

Mappe: Welche Form der Bildungsunterstützung kommt am besten an?

Lukas Schulze Brock: Das lässt sich nicht pauschalisieren und ist immer individuell zu beantworten. Aber in Corona-Zeiten ist deutlich geworden, dass unsere digitalen Angebote in der Brillux Lernwelt und durch die Kooperation mit simpleclub besonderen Zuspruch erfahren und zur wichtigsten Wissens- und Lernquelle geworden sind.

Mappe: Herr Schulze Brock, vielen Dank für Ihre Ausführungen.

Foto: manuta/Adobe Stock
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