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[tttgallery id=“1257″] Auf der einen Seite steht das Handwerk, mit seinem Bedarf an Azubis und Fachkräften, auf der anderen Seite gibt es eine große Zahl motivierter junge Zuwanderer, die sich Arbeit, Anerkennung und Integration wünschen. Da scheint es nahe zu liegen, beides zusammenzubringen. Und das Handwerk braucht diese jungen Flüchtlinge, die gerne im Handwerk arbeiten möchten, die Biss haben und leistungsfähig sind. Laut Bundesinstitut für Berufsbildung waren ende 2017 knapp 49.000 Lehrstellen frei, so viele wie seit 1994 nicht mehr. Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen hat seit 2009 um 178 Prozent zugenommen. So waren laut Bundesagentur für Arbeit in Bayern ende 2017  fast jede fünfte Lehrstelle im Handwerk unbesetzt. Das Handwerk leidet unter dieser Entwicklung besonders stark.
Motivierter Nachwuchs für das Handwerk
Die 2017 vom Deutschen Handwerksinstitut (DHI) veröffentlichte Studie „Potenzial von jungen Flüchtlingen für eine Ausbildung im Handwerk“ befragte jungen Flüchtlinge unter anderem zu ihren Motiven und Vorlieben bei der Berufswahl. „Zentrale Erkenntnis des Projekts ist es, dass die Gruppe der jungen Flüchtlinge ein großes Potential an Nachwuchskräften für das Handwerk in sich birgt“, so die Autoren der Studie. Sie erläutern: „Eine gute Ausbildung, Spaß an der Arbeit, Karrieremöglichkeiten, und Arbeitsplatzsicherheit sind für junge Flüchtlinge besonders wichtige Berufswahlmotive. All dies glauben sie im Handwerk zu finden, wie die überwiegend gute Bewertung des Handwerks bezüglich dieser Kriterien zeigt.“   [tttgallery id=“1254″]   Es fällt zudem auf, so die Studie, dass die jungen Geflüchteten nicht nur ein besonders großes Interesse an Berufen im Handwerk haben, auch die Bereitschaft zu körperlich anstrengender Arbeit ist höher. Auch ein schmutziges und lautes Arbeitsumfeld sei für viele Flüchtlinge kein Ausschlusskriterium bei der Berufswahl.
Herausforderung Integration im Betrieb
Die Studie des DHI zeigt allerdings auch, dass Integration nur mit Förderung funktionieren kann. Denn viele Flüchtlinge haben nur mangelnde Deutschkenntnisse. Doch es gibt eine Vielzahl an Initiativen zur Sprachförderung. Beispielsweise werden Berufsintegrationsklassen angeboten. Die Sprachausbildung und -förderung ist dort noch wesentlich intensiver im Vergleich zu herkömmlichen Integrationskursen mit nur 600 Stunden. Für Betriebe, die einen Flüchtling anstellen möchten, ist dieses Angebot hilfreich. Denn meist reichen die Deutschkenntnisse bei den Flüchtlingen nicht aus, um einen regulären Berufsschulunterricht folgen zu können. „Problematich erscheint in diesem Zusammenhang auch die eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit der jungen Zuwanderer. Viele junge Flüchtlinge seien darüber hinaus nur bedingt ausbildungsreif […]. Gerade hinsichtlich Disziplin, Pünktlichkeit und Ausdauer konnten vielfach Defizite festgestellt werden“, so die Studie. Markus Glasl vom DHI empfiehlt daher, „den jungen Flüchtlingen Mentoren an die Seite zu stellen, die den meist ohne Familie nach Deutschland gekommenen Menschen Orientierung und Halt geben.“ Ein Unterstützungsangebot für Betriebe, die einen Flüchtling ausbilden wollen, ist das Projekt „Willkommenslotse“. Mentoren helfen dabei bei der Eingliederung in den Betrieb. Im Bericht „Willkommenslotsen helfen weiter“ berichten wir, wie die Hilfe für Betriebe konkret aussieht.    [tttgallery id=“1255″]  
Förderinitiativen unterstützen Betriebe und Flüchtlinge
Da die wenigsten Zuwanderer und Geflüchteten sofort in Ausbildung gehen können, haben Innungen, Schulen und öffentliche Stellen Berufsorientierungsprojekte ins Leben gerufen. Beispielsweise die Initiative „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Das Angebot begleitet ab der 7. Klasse bis zum Ausbildungsabschluss. Begleitet werden die Projekte von der Programmstelle Berufsorientierung im Bundesinstitut für Berufsbildung. Die Ausbildungsvermittlung funktioniert dabei in drei Stufen: Zuerst besuchen die Flüchtlinge einen offiziellen Integrationskurs oder einen vergleichbaren Deutschkurs. Danach nehmen sie über die Agentur für Arbeit vier bis sechs Monate lang an der Maßnahme „Perspektive für junge Flüchtlinge im Handwerk (PerjuF-H)“ teil. Als Drittes folgt ein dreimonatiger Kurs „Berufsorientierung für Flüchtlinge (BOF)“. Die Flüchtlinge können sich währenddessen in Lehrwerkstätten in bis zu drei Handwerksberufen ausprobieren, ihren Wunschberuf üben sie anschliessend realitätsnah im Betrieb aus. Nebenbei lernen sie wichtigsten Wörter und Sätze für ihren Arbeitsalltag. Wer das alles geschafft hat und die Voraussetzungen bei Asyl- und Bleiberecht erfüllt, hat einen Ausbildungsplatz in seinem Wunschhandwerk sicher, versprechen die Verantwortlichen. Auch die Initiative „Flüchtlinge für das Handwerk“ist ein mehrstufiges Programm für Flüchtlinge, das Betriebe bei der Ausbildung unterstützt.    [tttgallery id=“1256″]  
Das Potenzial nicht ungenutzt lassen
Dr. Mona Granato vom Bundesinstitut für Berufsbildung wies in der Süddeutschen Zeitung online darauf hin, dass die Ausbildung von Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte „eine Erfolgsstory sein“ könne. Darauf deuten die überwiegend guten Erfahrungen in der Praxis hin. So seien drei von vier Arbeitgebern mit den Azubis aus Migrantenfamilien genauso zufrieden wie mit deutschen Jugendlichen. Umgekehrt seien auch die Jugendlichen mit ihrer Ausbildung meist zufrieden. BiBB-Expertin Granato sagt auch, dass „Deutschland es sich nicht leisten kann, die Potenziale so vieler junger Menschen ungenutzt zu lassen.“ Es lohnt sich junge Geflüchtete auszubilden, aus humanitären Gründen und aus wirtschaftlichem Interesse. In Baden-Württemberg nähert sich der Anteil von Geflüchteten in Handwerksausbildung bereits der zehn-Prozent-Marke. Das zeigt, dass die Maßnahmen und Hilfsangebote für Integration greifen. Dies zeigt aber auch – betont der Landeshandwerkspräsident – wie groß der Anteil der Handwerksbetriebe bei der erfolgreichen Integration bei jungen Menschen ist. „Wir können gar nicht genug würdigen, mit welch großem persönlichen und auch finanziellen Einsatz sich die Betriebsinhaber und Mitarbeiter hier engagieren. Wir erwarten, dass dies auch in Öffentlichkeit und Politik anerkannt wird“, betont Teichhold von der BWHT weiter. Wie Betriebe bereits erfolgreich ihre Auszubildenden mit Fluchthintergrund in den Betrieb integriert haben, erzählen die Inhaber im Beitrag „So sieht Integration im Malerhandwerk aus“   Mehr zu Flüchtlingen im Handwerk, Erfahrungsberichte und Förderangebote gibt es im Brennpunkt der Juli-Ausgabe der Mappe.    Artikelbild: Unsplash.de/Belinda Fewings

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